Die Chronik des Amtsgerichts Goslar
1852 bekam Goslar aufgrund der am 01. Oktober in Kraft tretenden Gerichtsorganisation ein Amtsgericht. Zeitgleich wurde auch ein kleines Obergericht in Goslar gebildet, welches allerdings bereits 1859 schon wieder geschlossen wurde.
Vor 1852 hatte die städtische Verwaltung die Gerichtsbarkeit inne. U.a. gab es ein Berggericht, geistliche Gerichte, Lehns- und Dienstgerichte und das wichtigste Vogteigericht. Letzteres entstand in der Zeit Heinrichs IV im Jahre 1073.
Ebenfalls mit der im Oktober 1852 in Kraft tretenden Gerichtsorganisation wurde das Schöffenamt gebildet. In Strafsachen sollte die Aburteilung durch den Amtsrichter und zwei gewählten Schöffen erfolgen. In der Begründung der Regierung zu diesem Gesetz hieß es:
"Das Recht soll im Bewusstsein des Volkes leben und sich von dem allgemeinen Rechtsgefühl nicht loslösen. Je treuer und lebendiger es der Ausdruck dieses letzteren ist, desto größeres Vertrauen gewinnt die Rechtspflege, desto heiliger wird die Scheu vor dem Recht selbst. Dieses Ziel wird aber nicht sicherer erreicht, als durch die Zugänglichkeit der Rechtspflege für jedermann (Öffentlichkeit des Verfahren) und durch Teilnahme des Volkes an der Rechtspflege selbst."
Dem Amtsgerichtsbezirk Goslar wurden 1852 die Gemeinden Jerstedt und Hahndorf und die Klostergüter Riechenberg und Grauhof zugeteilt. Neben dem Amtsgericht Goslar gab es Gerichte dieser Art noch in Wöltingerode (es wurde 1879 aufgelöst) und in Liebenburg. Das Liebenburger Amtsgericht wurde im Januar 1958 nach Salzgitter verlegt. Das in Bad Harzburg residierende Amtsgericht wurde am 31. Oktober 1977 aufgelöst und in das Amtsgericht Goslar eingegliedert.
Am 30. Juli 1895 wurde die Gemeinde Dörnten vom Amtsgerichtsbezirk Liebenburg abgetrennt und dem Amtsgerichts Goslar unterstellt.
Seit dem 01. August 1942 untersteht das Amtsgericht Goslar dem Oberlandes- und Landgericht Braunschweig; vorher war es im Oberlandesgerichtsbezirk Celle und Landgerichtsbezirk Hildesheim.
Bei Gründung des Goslarer Amtsgerichts wurde diesem 2 Amtsrichter und 2 Aktuare zugewiesen.
Bald aber war am Amtsgericht Goslar für 2 Richter nicht mehr genügend Arbeit – solange der Bezirk nur die Stadt und die vier ländlichen Gemeinden umfasste – und die eine Richterstelle wurde eingezogen. Aber schon einem Bericht aus dem Jahr 1872 ist zu entnehmen, dass bei einer Zahl von 11.291 Gerichtseingesessenen der Richter über eine unzumutbare Arbeitslast klagt. Er beteuert, täglich regelmäßig 8 bis 10, sehr oft aber 12 bis 14 Stunden arbeiten zu müssen.
Auch die Standorte des Amtsgerichts Goslar sollten nicht ungenannt bleiben:
Das Stadgericht hatt von 1803 bis 1852 seinen Sitz im Rathaus von Goslar.
Mit Bildung des Amts- und Obergerichts (01.10.1852) mussten neue Räumlichkeiten gefunden werden.
Man fand ein geeignetes Objekt in der Gestalt des Gravenhorstschen Gasthauses in der Worthstraße. Es ist der Gebäudekomplex, der früher die ehemalige Offiziersspeiseanstalt und jetzt die Worthschule beinhaltet, das Haus, in dem Goethe auf seinen Harzreisen gewohnt haben soll. Wie es sich gehörte, kam das Obergericht in die zu Straße gelegenen Räume und das Amtsgericht in die umzubauenden Scheunen und Stallgebäude.
Allzu glänzend scheint das Amtsgericht dort nicht untergebracht gewesen zu sein. Einem Bericht an die vorgesetzten Behörden kann man entnehmen, dass die Räume sehr niedrig und dunkel und nicht einmal den feuerpolizeilichen Bestimmungen entsprechend seien, dass der Zugang zum Amtsgericht nur über den Hof, der gleichzeitig Gefängnishof war, führte. Als im Jahr 1859 das Obergericht aufgelöst wurde, durfte nicht etwa das Amtsgericht dort einziehen, sondern die Räume standen jahrelang leer und unbenutzt. Die Unmöglichkeit dieses Zustandes sah man schließlich ein. Die Räume des ehemaligen Obergerichts wurden im Jahre 1867 dem Offizierskorps der Garnison Goslar zur Nutzung als Offiziersspeiseanstalt überlassen. Die Nachbarschaft mit dem Militär hatte im übrigen einen sehr langen Schriftwechsel zwischen den beiden zuständigen Ministerien zur Folge. Grund: Der nicht sehr lieblich duftende Gossenstein der Küche der Offiziersspeiseanstalt, der seine Abwässer über den auch den Zugang zum Amtsgericht bildenden Hof ergoss. Der Kriegsminister schob die Schuld dem Amtsgericht zu, dessen Gerichtsdiener und Gefangenenwärter den Hof nicht hinreichend säuberte. Dieser mit Eifer geführte Papierkrieg wurde dann schließlich dadurch beendet, dass man das Loch in der Mauer, durch das die Abwässer abflossen, zumauerte.
1875 zog das Amtsgericht in die Räumlichkeiten der ehemliegen Kämmerei am Marktplatz
- Am Marktplatz 6; dem heutigen Restaurant "Henrys".
Am 28. Februar 1907 wurde zwischen dem Justizfiskus und er Stadt Goslar ein Tauschvertrag über die Grundstücke Am Markt 6 und Hoher Weg 8 nebst dem daneben liegenden Areal des damaligen Städt. Bauhof abgeschlossen. Nach diesem Vertrag musste die Justizverwaltung das Gebäude Am Markt 6 bis spätestens 01. Oktober 1913 räumen.
Aufgrund der Eingliederung des Bad Harzburger Amtsgerichts (1977) wurde ein weiteres zusätzliches Nebengebäude bezogen. Dieses befand sich bis 1996 im Lindenplan 18.
In den 80er Jahren wurde es räumlich gesehen wieder einmal eng. Ein gewünschter Neubau blieb Vision. Stattdessen wurde das Gebäude es ehemaligen Finanzamtes und der einstigen Jägerkaserne am Kaiserbleek für 10 Mio. DM umgebaut. Nach über 8jähriger Umbauphase erfolgte Mitte 1996 ein Teilumzug des Amtsgerichts in das heutige Haus II.
Mit diesem Umzug fielen die Nebengebäude Hoher Weg 8 und Lindenplan 18 weg.
Mitarbeiterzahlen, Stand 01.04.2024:
Richterinnen und Richter: 9
Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger: 13
Gerichtsvollzieher: 4
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
Serviceeinheiten insgesamt: 34 davon 20 Beamtinnen und Beamte des mittleren Justizdienstes und
14 Angestellte
Wachtmeister: 6
Quellennachweis:
- Vortrag, gehalten am 04.10.1952 von Oberamtsrichter Walter Klusemann, Goslar, bearbeitet und ergänzt von Rechtsanwalt Dr. Ahner, Goslar (32. Anwaltstag 1963 Goslar, S. 37 - 52)
- Berichte der Goslarschen Zeitung (Stadtarchiv Goslar)